Thomas Morus und die Erfindung der Utopie

Der englische Humanist und Staatsmann Thomas Morus (1478–1535) gilt als der Begründer des Begriffes „Utopie“, welchen er mit seinem gleichnamigen Werk „De optimo rei publicae statu deque nova insula Utopia“ („Vom besten Zustand des Staates und von der neuen Insel Utopia“) im Jahr 1516 prägte.
Das Wort „Utopie“ leitet sich aus dem Griechischen ab: „ou-topos“ („Nicht-Ort“) oder auch „eu-topos“ („guter Ort“)*, was eine bewusste Doppeldeutigkeit darstellt.
Was wollte Morus mit dem Begriff ausdrücken?
Morus beschrieb in seinem Werk eine fiktive, ideale Gesellschaft auf der Insel Utopia, die in scharfem Kontrast zu den politischen und sozialen Missständen seiner Zeit stand.
Seine Utopie war eine Gesellschaft ohne Privateigentum, mit gleicher Bildung für alle, religiöser Toleranz und einer gerechten Arbeitsverteilung.
Doch trotz dieser scheinbar perfekten Ordnung hinterfragte Morus selbst, ob eine solche Gesellschaft überhaupt realisierbar sei — der Name „Nicht-Ort“ deutet bereits an, dass es sich um ein Gedankenexperiment handelt.
Warum schuf Morus die Utopie?
Morus lebte in einer Zeit großer Umbrüche:
Die Renaissance, die Reformation und soziale Ungerechtigkeiten prägten Europa.
Als Humanist kritisierte er die Korruption des Adels, die Ausbeutung der Armen und die Machtgier der Kirche.
Seine Utopie war kein konkretes politisches Programm, sondern eine satirische und philosophische Reflexion über eine bessere Welt. – Indem er eine scheinbar perfekte Gesellschaft entwarf, zeigte er zugleich die Unzulänglichkeiten der realen Welt auf.
War Morus wirklich der erste Utopist?
Zwar gab es bereits in der Antike Vorläufer utopischen Denkens (z. B. Platons „Politeia“), doch Morus war der erste, der den Begriff prägte und ein ganzes literarisches Genre begründete.
Seine Utopie wurde zum Vorbild für spätere Werke wie Francis Bacons „Nova Atlantis“ oder Tommaso Campanellas „Sonnenstaat“.
Fazit
Thomas Morus war nicht nur der Urheber des Begriffes „Utopie“, sondern schuf damit ein Instrument der Gesellschaftskritik.
Seine Vision war weder naive Träumerei noch dogmatischer Entwurf, sondern eine Aufforderung, über Gerechtigkeit, Macht und menschliche Möglichkeiten nachzudenken — ein Thema, das bis heute aktuell ist.